Neue Sicherheitslage: CDU-Fraktion will Reaktivierung von Schutzräumen

„Tiefgaragen, Straßentunnel und Tiefkeller öffentlicher Gebäude miteinbeziehen“

Der völkerrechtswidrige russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die europäische Friedensordnung zerstört und zu einer völligen Neubewertung der sicherheitspolitischen Lage geführt. Aus diesem Grund  und wegen zunehmend häufiger und intensiver werdender Naturkatastrophen hatte die CDU-Stadtratsfraktion in der März-Ratssitzung eine Anfrage an die Stadtverwaltung gestellt, um ein aktuelles Bild des Zivil- und Katastrophenschutzes in Koblenz zu bekommen. Unter Zivilschutz versteht man alle nicht-militärischen Maßnahmen im Verteidigungs- oder Spannungsfall, die dem Schutz der Bevölkerung sowie dem Aufrechterhalten der öffentlichen Infrastruktur dienen. Der Schutz der Zivilbevölkerung im Verteidigungsfall liegt dem Grundgesetz nach in der Gesetzgebungskompetenz des Bundes, während der Katastrophenschutz im Frieden den Ländern zugeordnet ist.

„Wir haben das Thema angestoßen, weil im Rahmen einer sicherheitspolitischen Neubewertung nun wieder ein viel größeres Augenmerk auf den Schutz der Bevölkerung gelegt werden muss. Panikmache ist unangebracht, aber die veränderte Situation muss sehr ernst genommen werden. Die Umsetzung von, teilweise schon eingeleiteten Maßnahmen zur Verbesserung des Zivil- und Katastrophenschutzes, muss eine höhere Priorität bekommen und beschleunigt werden.“ erklärt der Sprecher der CDU-Stadtratsfraktion für Sicherheit und Ordnung, Andreas Biebricher.

Neben positiven Entwicklungen wie der Reaktivierung der Sirenen, die bereits 2022 und damit wesentlich früher als geplant fertiggestellt sein sollen, brachte die Antwort der Verwaltung auf die CDU-Anfrage jedoch auch sehr ernüchternde Informationen wie das völlige Fehlen von Schutzräumen für die Bevölkerung der Rhein-Mosel-Stadt.

Der Bund hatte im Jahr 2007 den grundlegenden Rückbau der Anlagen eingeleitet. Im Ergebnis befinden sich keine Schutzräume im Sinne des Zivil- und Katastrophenschutzgesetzes mehr im Besitz oder Verwaltungsbereich der Stadt Koblenz. Eine Initiative zur Reaktivierung bestehender oder Schaffung neuer Schutzräume müsste qua Zuständigkeit vom Bund ausgehen.

Daher hat die CDU-Stadtratsfraktion ihr Mitglied Josef Oster in seiner Funktion als Bundestagsabgeordneter eingeschaltet. Oster hat sich in Berlin als CDU-Obmann im Innenausschuss bereits mit der Materie beschäftigt: „Parlament und Bundesregierung diskutieren derzeit im Zusammenspiel mit Akteuren wie dem THW sehr intensiv über neue Konzepte für den Zivil- und Katastrophenschutz. Das Bundesinnenmini- sterium denkt über eine erneute Nutzung von Bunkern nach und prüft das Rückbaukonzept für die Schutzräume. In einem ersten Schritt will man eine vollständige Bestandsaufnahme der vorhandenen Schutzräume von Bund und Ländern vornehmen. Die aktuellen Entwicklungen führen uns schmerzhaft vor Augen: Der Schutz der Bevölkerung gehört zu den Kernaufgaben des Staates und muss daher im Mittelpunkt jeder sicherheitspolitischen Debatte stehen. Die Stärkung der Bundeswehr steht für uns hierbei an erster Stelle, aber wir sollten darüber hinaus einen umfassenden Sicherheitsbegriff verfolgen, der sich nicht allein auf die militärische Verteidigung beschränkt, sondern einen ganzheitlichen Ansatz der gesamtstaatlichen Resilienz verfolgt. Hierzu gehört neben der Bereitstellung von Schutzräumen und geeigneter Warn- und Alarmierungseinrichtungen für die Bevölkerung selbstverständlich auch der Schutz der Kritischen Infrastruktur, die der Pulsschlag unserer Gesellschaft ist. Ohne die Versorgung mit Energie, Lebensmitteln, Wasser, aber auch die Sicherung unserer Kommunikationswege bricht das öffentliche Leben schnell zusammen.“

Doch obwohl der Bund zuständig sei, müsse man auch in Koblenz, so Oster und Biebricher, derweil schon mal die Hausaufgaben machen und eine Bestandsaufnahme der noch bestehenden Schutzräume durchführen, um zu prüfen, ob und wie sie gegebenenfalls wieder ertüchtigt werden könnten. Mitbetrachtet werden müssten neben Bunkern auch grundsätzlich geeignete Bauten wie Tiefgaragen, Straßentunnel und Tiefkeller von öffentlichen Gebäuden. Im Kalten Krieg habe der Bund seit den auf eine Förderung des Schutzraumbaus durch Gemeinden und Private durch Bezuschussung auf der Grundlage von Zuwendungsverträgen gesetzt, was nun, bspw. bei den Tiefgaragen wieder diskutiert werde. Bei allen Überlegungen, so die Ratsmitglieder, seien die Bedarfe besonders vulnerabler Gruppen sowie Barrierefreiheit bei der Entwicklung von Schutzraumkonzepten zu beachten. Um in Koblenz gut vorbereitet zu sein, werde die CDU-Fraktion weitere Anfragen bzw. Anträge stellen. Darüber hinaus, so Andreas Biebricher, setze man darauf, dass der Wahlkreisabgeordnete als gut vernetztes Mitglied des zuständigen Innenausschusses, wertvolle Impulse und Informationen liefern könne.

Josef Oster sieht abschließend in der Stärkung des Zivil- und Katastrophenschutzes auch eine Entlastung für die dauerinvolvierten Streitkräfte: „Zuletzt haben die Corona-Pandemie und die verheerende Hochwasserkatastrophe des letzten Sommers mir als Abgeordneten des größten Bundeswehrstandortes noch einmal überdeutlich gemacht: Große Schadenslagen oder andere Krisen von nationaler Bedeutung sind in Deutschland nicht ohne die herausragende Unterstützung der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr zu bewältigen. Auch deshalb müssen wir Lücken im Bevölkerungsschutz strukturell schließen – umso mehr, als der Krieg Russlands in der Ukraine uns ganz deutlich die eigentliche Kernaufgabe der Bundeswehr in Erinnerung ruft: die Landes- und Bündnisverteidigung.“